In meiner Jugend, immerhin schon weit über 15 Jahre her, entstanden die ersten großen Onlinespiele. Counter Strike, Warcraft 3, Unreal Tournament. Die IT-Infrastruktur, speziell für Onlineservices, war noch am Anfang und sowohl aufwändig als auch teuer.
Die Spielehersteller hatten deshalb zwei Sorten Onlineservices: Dedizierte Server, welche jeder selbst hosten konnte, und Direktverbindungen zwischen den Spielern. Letzteres war (und ist – Hallo Nintendo!) sehr unbeliebt, da die Verbindungsqualität vom Spieler mit der schlechtesten Anbindung begrenzt wird.
Ernsthaftes Gaming über das Internet fand also über dedizierte Server statt. Jeder Clan hatte einen eigenen Server, größere Gaming-Communities auch. Man hat seinen Server im Spiel ausgewählt und dort gespielt, nach dem Regeln des Servers. Diese konnten das Spiel teilweise deutlich anpassen. Man spielte gegen zufällige andere Spieler, aber meist gegen eine kleine Gruppe Stammgäste des Servers. Eine kleine Gemeinschaft, schnell lernte man sich kennen und kam ins Gespräch. Cheater wurden schnell erkannt und auf dem Server gebannt.
Heutzutage gibt es immer seltener dedizierte Server oder gar eine Serverauswahl. Die meisten Hersteller stellen die Server selbst zur Verfügung und weisen die Spieler einem freien Server zu. Das macht es für den Spieler einfach, Click2Play. Der Hersteller behält die Kontrolle über das Onlinespiel, Cheater werden global gesperrt. Dafür ist man abhängig vom Anbieter. Keine angepassten Regeln, keine Zukunftssicherheit. Die Server werden abgeschalten (und das werden sie irgendwann), dann ist das Spiel tot. Aktuell steht hier Ubisoft mit einer Liste älterer Spiele als Beispiel, bei welchem der Multiplayer damit unbenutzbar wird (IGN-News). UT2k4, inzwischen 18 Jahre alt, kann ich hingegen noch heute online spielen.
Trotzdem, das automatische Matchmaking hat auch einige Vorteile. Ich lande im Idealfall nicht auf leeren Servern und muss auf andere Spieler warten. Und natürlich das Skill Based Match Making, kurz SBMM, der eigentliche Inhalt dieses Beitrags. Viel Vorworte, bis ich endlich angekommen bin.
Was ist SMBB? Bei SMBB werden die Fähigkeiten des Spielers über seine Spielzeit bestimmt, meist in einem Elo System. Je mehr Punkte, Kills oder Siege ein Spieler hat, umso höher ist seine Elo. Das Matchmaking versucht nun, dass es Spieler mit einer ähnlichen Elo-Zahl zusammen in ein Spiel bringt. Dadurch wird verhindert, dass Anfänger und Profis in einem Spiel sind. Weniger Frust für Anfänger und weniger Langeweile für Profis. In der Theorie.
Hat ein Spiel genug Spieler, dann funktioniert das System eigentlich recht gut. Bei wenigen Spielern sind entweder die Wartezeiten lange, oder das System wird anderweitig aufgeweicht. Bots oder eine erweiterte Suche sind mögliche Lösungen, womit Anfänger entweder unterfordert oder überfordert werden.
Aber nehmen wir an, die Spieleranzahl ist groß genug. Die Profis sind unter sich, sie entwickeln neue Taktiken und verbessern sich. Die normalen Spieler hingegen spielen gegen andere normale Spieler. Man trifft also immer auf Spieler, die genau so spielen wie man selbst. Mal gewinnt man, mal verliert man. Es macht Spaß, da es ausgeglichen ist. Aber lernt man auch etwas? Es gibt keinen Spieler, der einen mit raffinierten Taktiken oder Fähigkeiten überrascht. Man kann sich dementsprechend nichts abschauen. Man wird gefordert, aber niemals dauerhaft an seine Grenzen gebracht. Wenn in Rainbow Six: Siege die Spieler in meine schlecht gelegten Fallen rennen, dann muss ich mir keine Tricks für deren Platzierung überlegen. Wenn der Gegner ähnlich schlecht trifft wie ich, dann habe ich keine Notwendigkeit besser zu zielen.
Damit verbessert man sich auch nicht automatisch, zumindest nicht sehr schnell. Jede Verbesserung muss aktiv initiiert werden. Meist wird dazu in Streams von guten Spielern oder auf YouTube geschaut. Im Spiel selbst muss man aktiv nach Verbesserung streben, man lernt es nicht nebenbei von anderen oder aus der Notwendigkeit sich zu behaupten heraus. Nur wenn man an seinem Limit ist sucht man nach neuen Möglichkeiten.
Wollen sich alle Spieler verbessern? Hier liegt der Hund begraben. Ich glaube nicht. Die Hersteller wollen möglicht viele Spieler mit ihrem Spiel erreichen. Dazu muss es in erster Linie Spaß machen. Und das nicht nur den Hardcore-Spielern, die viel Zeit und Energie in das Spiel investieren können. Millionen Spieler spielen Fifa als Zeitvertreib, nicht als Wettbewerb. Abends gemütlich eine oder zwei Runden gegen andere Spieler. Dabei soll das Spiel Spaß machen, unterhalten und ein Erfolgserlebnis bieten. Der Gegner sollte also nicht zu schwach und nicht zu stark sein. Knapp zu verlieren ist okay, knapp zu gewinnen macht Spaß. Haushoch verlieren frustriert, den Gegner in den Boden stampfen wird nach einigen Spielen langweilig.
Für wen ist SBMM also gemacht? Für den Großteil der Spieler! Für die Spieler, die einfach nur eine unterhaltsame Beschäftigung wollen ohne sich im Wettbewerb einzureihen. Sie wollen nicht an der Spitze stehen, sie wollen hin und wieder gewinnen und auch mal verlieren.
Persönlich bin ich hier in einer Zwickmühle. Ich bin mit dedizierten Servern aufgewachsen, in einem Umfeld in welchem man sich automatisch verbessert hat und in welchem man auch einfach in den Boden gestampft wurde. SBMM ist für mich Gaming-Light. Etwas für “Die Casuals”, die Noobs.
Aber ich arbeite, ich habe ein Privatleben, ich habe wenige Zeit zum spielen. Der Alltag fordert mich, ich muss mich täglich verbessern und werde stark gefordert. Gaming ist meine Zeit zum Entspannen. Ich möchte mich zurücklehnen und einfach Spaß haben. Mit und gegen andere Spieler. Ich möchte mal gewinnen, ich akzeptiere auch mal zu verlieren. Ich habe aber nicht die Zeit und die Energie, um mich durchgehend zu verbessern. Taktiken und Mechaniken analysieren und trainieren.